Liebe Leserin, lieber Leser!


Verantwortungsvolle, sozial-kompetente und hilfsbereite junge Persönlichkeiten braucht unsere Gesellschaft mehr denn je. In einer Zeit, in der sich jeder hinter seiner virtuellen Maske versteckt, die Herausforderungen allerdings äußerst real sind.


Ich bin der Meinung, dass nicht nur Kinder immer weniger mit sich anzufangen wissen. Einfach darum, weil sie es nicht mehr lernen. Ich glaube weiter, dass jeder, der gerne in die Natur hinaus geht, ab und an unter freiem Himmel schläft, mit dem Blick in ein Lagerfeuer seine Gedanken nachhängt und die Seele baumeln läßt und dies gemeinsam mit Freunden oder Familie tut, weniger gefährdet ist, irgendwann auszubrennen.


Es liegt nicht an den jungen Menschen, dass Sie so viel Zeit mit Smartphones, Computerspielen und Fernsehen verbringen, sondern an uns Erwachsenen und an der Gesellschaft, die den Kindern den Freiraum nimmt! Alles was Spaß macht, ist reglementiert oder sogar verboten. 
Das zweite große Problem ist die völlig übertriebene Sorge um unsere Kinder. Heute müssen Kinder ständig erreichbar sein...- aber warum? Trauen wir unseren Kindern nichts mehr zu oder kann man ihnen nicht vertrauen? Ich glaube nicht, dass man ihnen nicht mehr vertrauen kann - ganz im Gegenteil. Zumindest im Camp hatten wir keine Probleme: Keines der Kids hat mit dem Feuer gespielt oder Beil und Säge unzweckmäßig verwendet. 


Warum dürfen Kinder nicht mehr Kinder sein? Dreckig und stinkend nach Hause kommen, vielleicht auch einmal mit Schrammen von einem Sturz, einem Schnitt vom Taschenmesser oder einer Brandblase vom Feuer machen?
Tatsache ist, dass keines der Kids auf dem Camp sein sonst so unverzichtbares Handy vermisst und sich keines nach einem Fernseher gesehnt hat. Sie helfen sich gegenseitig, diskutieren Probleme aus und sind gefordert, gemeinsam eine Lösung zu finden.
Dass wir allem Anschein nach Einiges richtig machen, dafür sprechen die wachsenden Teilnehmerzahlen und dass ehemalige Lagerkinder mittlerweile zu Betreuern geworden sind! Trotz Handy- und Süßigkeitenverbot scheint unser Konzept zu begeistern. Dies erfüllt uns mit Stolz und dafür möchten wir Danke sagen.


Wenn wir erzählen, dass wir etwa fünfzig mehr oder weniger pubertierende Jugendliche über eine Woche lang beaufsichtigen, wird einem nicht gerade mit Neid begegnet. Allen Skeptikern sei gesagt, es ist nicht so schlimm, wie es sich anhört! Die Ruhe und der positive Umgang miteinander, wurden von so manchem Beobachter mit purem Erstaunen honoriert.
Allen Eltern sei gesagt, dass dieses geerdet werden und stinken zu dürfen, Kälte, Wärme und Nässe ausgesetzt zu sein, sich mit sechs zunächst Wildfremden zusammenraufen zu müssen, dieser Situation auf Gedeih und Verderb ausgeliefert zu sein – auch dazu führt, dass Tränen fließen, Heimweh ausbricht und sich Verzweiflung breit macht. Aber dann auch Lösungen gefunden werden, man sich gegenseitig hilft und respektiert und Freundschaften entstehen. In weiterer Folge entwickeln sich Eigenverantwortung und Sozialkompetenz – was heißt, wir haben unser Ziel erreicht.


Wir werden also unseren Weg fortsetzen. Wir werden weiter jungen Menschen die Möglichkeit bieten all das tun zu dürfen, was in der heutigen Gesellschaft nicht mehr erlaubt oder sogar verboten ist. Wir werden es in unsere Verantwortung übernehmen, den Kids auf dem BowCamp mehr Eigenverantwortung zu übertragen und damit das selbstständige Denken zu fördern. Wir werden Ihnen den Umgang mit der Natur lehren und die Einfachheit, die heutzutage als so schwierig - weil unbequem - empfunden wird, näher bringen. All das ist übrigens nicht nur Kindern zu empfehlen – einfach mal raus aus der Komfortzone für alle– heißt die Devise!


Thomas Knödler/Campleiter